Firewatch

Das Spiel ist eins aus dem Genre der Walking-Simulatoren (welches ich garnicht abwertend finde) ähnlich wie z.B. DEAR ESTHER und GONE HOME, mit Elementen aus Telltale-Spielen wie THE WALKING DEAD und etwas EMILY IS AWAY.

Für das Hauptspiel habe ich 5h gebraucht. Wenn man wollen würde könnte man da noch Zeit hineinstecken um diverse Achievements zu sammeln. Darum habe ich mich aber nicht bewusst gekümmert.

Eigentlich geht es hier nur um die Personen Henry und Delilah, deren belastende Vergangenheit und das vorsichtige romantische Knistern in der Fernbeziehung der beiden. Der eigentliche Fokus liegt daher eher auf den Gesprächen und nicht so sehr auf der Story oder die Erkundung der Gegend.

Die Dialoge muten von der Machart an wie bei oben angesprochenen Telltale-Spielen. Man wählt oft unter Zeitdruck eine Antwort aus (oder auch nicht) und weiß am Ende nicht so recht was und ob überhaupt etwas anderes geschehen wäre hätte man sich anders entschieden. Dabei ist die Gesprächspartnerin aber nicht einfach nur Questgeberin der Marke „Gehe hierhin, hole jenes“ sondern die Gespräche wirken wirklich sehr natürlich und lebensecht. Das ist bei Multiple-Choice Dialogen schon eine kleine Leistung. Und man hat sogar die Option auch mal nichts zu sagen, was auch gut funktioniert. (Kleiner Tipp unter Männern, einfach mal die Frau reden lassen ist auch mal eine Option. Man muss nicht auf ALLES eine Antwort haben als Mann, unser Rat ist nicht immer gefragt ;)).
Und die Steuerung dazu ist intuitiv: mit einem Blick auf einen gefundenen Gegenstand kann man per Tastendruck direkt mit Delilah darüber über Funk sprechen.

Firewatch Screenshot 1

Ästhetisch ist das Spiel insgesamt auf den ersten Blick recht ansprechend aber die Grafik an sich aber doch recht grob. Wobei ich den vergleichsweise billigen Trick mit der Lichtstimmung bereits bei älteren Titeln schnell durchschaut habe. Wenn die Grafikengine eine hübsche Lichtstimmung zaubern kann (was heutzutage vermutlich eine der leichtesten Übungen ist) wird jedes Spiel zu einem Ästhetikwunder wage ich mal zu behaupten. Sogar ein grobes Spiel wie Minecraft wird mit einem Grafikshader der nur die Beleuchtung aufwertet plötzlich zu einem stimmungsvollen Grafikwunder. Achtet mal drauf wenn ihr wieder mal von toller Grafik schwärmt wie viel da alleine die Beleuchtung ausmacht. Selbst ein grafisch hochwertiges Spiel wie Witcher 3 zehrt viel von dieser Art Lichtzauber.
Nicht umsonst sind die schönsten Screenshots meist solche mit Sonnenunter- oder Aufgang. Aber das nur nebenbei.

Also auch hier wird wieder viel mit der Sonne und dem Licht gezaubert was die ansonsten eher schlichte Grafik ganz gut übertüncht und insgesamt sehr stimmungsvoll wirken lässt. Auch die Geräusche tun ihren Beitrag zur Atmosphäre dazu, könnte hier aber mehr sein. Da knistert und raschelt es halt auch schonmal im Gebüsch und man ertappt sich dabei stehen zu bleiben und sich umzusehen ob da jemand oder etwas herumschleicht.
Es fällt aber besonders an Punkten mit Aussicht auf dass die Fernsicht und der Detailgrad nicht so prall ist.

Firewatch Screenshot 2

Wo wir auch schon bei der Spielwelt wären. Ich bin eigentlich so der Typ „Spieletourist“. Wenn es in einer Open World was zu erkunden gibt dann tue ich das auch. Gerne auch einfach zum Selbstzweck, nur um zu gucken wie es da oder dort so aussieht und dann stelle ich mir vor ich wäre grade wirklich dort.
In lebendigen und hübschen Welten wie z.B. in den GTA Spielen macht das auch wirklich Spaß. In Firewatch scheitert die Exploration allerdings schon an unsichtbaren Wänden oder billigen Tricks wie undurchdringbare Büsche oder andere lächerliche Hindernisse die man im echten Leben mit links überwunden hätte. Da merkt man dem Spiel schon das Indie-Budget an. Im Grunde ist das Spiel sogar furchtbar linear. Von den Wegen abzweigen und einfach mal durchs Unterholz schlagen oder auf einen Berg kann man nicht wo es nicht vorgesehen ist. Außerdem gibt es (bis auf einen Waschbären und einer Schildkröte) keinerlei sichtbare Tierwelt. Der dem Szenario (oder dem Budget?) geschuldete fehlende Wetterwechsel zehrt auch etwas an der Atmosphäre. Das alles führt dazu dass sich die Welt leider eher anfühlt wie eine leblose Pappkulisse.

Nachdem man mit dem Spiel durch ist hat man die Möglichkeit nochmal frei die Karte zu erkunden. Hier hat man ein paar Extras versteckt in Form von Audiokassetten die den Spielesoundtrack enthalten. Ob es hier noch andere Dinge zu entdecken gibt weiß ich nicht weil ich mir den Rest glaube ich erspare weil ich nicht wirklich das Bedürfnis habe nochmal durch den Park zu latschen. Der Widersehenswert ist in meinen Augen doch eher gering.

Firewatch Screenshot 3

Die Story baut langsam Spannung auf. Die Stimmung zwischen den Charakteren wird zunehmend angespannt das ist schön inszeniert. Die Auflösung des Mysteriums am Ende ist aber vergleichsweise banal. Eigentlich ist das ja auch wieder gut gerade weil man es vielleicht anders erwartet hat. Das Spiel bleibt aber die ganze Zeit angenehm geerdet.
Die Erzählung funktioniert allerdings zu einem großen Teil über die Dialoge, im Gegensatz zu Spielen wie oben erwähntes GONE HOME z.B. das ganz ohne Dialoge auskommt aber dabei hervorragendes environmental Storytelling bietet. Das andere Extrem wäre EMILY IS AWAY das nur auf Dialogen basiert. Firewatch ist letzterem finde ich näher als ersterem.

Firewatch Screenshot 4

Mein persönliches Highlight der Geschichte kommt aber eigentlich ganz (ganz!) am Schluss – unbedingt Abspann anschauen (nicht wegdrücken!). (*1)

Fazit: im Großen und Ganzen ist es eine ganz nette Erfahrung. Aber im Internet da draußen finde ich das Spiel dezent überhypet. Die knapp unter 10€ im Sale waren es wert (im Kontext der heutigen gefühlten Wertigkeit von Spielen). Für den Vollpreis würde ich es persönlich nicht empfehlen, dafür war es mir doch etwas wenig Inhalt.

Firewatch Screenshot 5

(*1) Achtung Spoiler

Wenn man am Rand neben den Credits die eigenen geschossenen Bilder der Einwegkamera wiedererkennt ist das schon sehr nett… Wenn dann aber am Ende die Schnappschüsse der ursprünglichen Besitzer auftauchen ist das schon ein kleiner Schock.
Wenn nicht schon beim Fund der Leiche und der Auflösung der Geschichte hat man spätestens danach einen Kloß im Hals

Spoiler Ende

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